Die Kosten der Grabpflege stellen keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten dar

Beitrag Recht zum Thema “Grabpflegekosten” vom 16.01.2023

 


Die Kosten der Grabpflege stellen keine abzugsfähigen Nachlassverbindlichkeiten i.S.d. § 1968 BGB dar


Im Falle der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen hat sich die Rechtsanwenderin* stets mit der Frage zu befassen, welche Nachlassverbindlichkeiten gegenüber der Pflichtteilsberechtigten abzugsfähig sind und somit die Höhe des Pflichtteilsanspruches reduzieren, da die Grundlage der Berechnung von Pflichtteilsansprüchen der Netto-Nachlass bildet. Zu der Frage der Abzugsfähigkeit von Nachlassverbindlichkeiten hat sich in der Rechtsprechung eine umfängliche Kasuistik herausgebildet. Im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Kosten der Grabpflege hat der Bundesgerichtshof mit seiner Entscheidung vom 26.05.2021 hier eine zu begrüßende Rechtssicherheit geschaffen.

Nach der Vorschrift des § 1968 BGB trägt die Kosten der Beerdigung der Erblasserin deren Erbin. Ob Kosten der Grabpflege Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1968 BGB sind, war in der Instanzenrechtsprechung lange Zeit äußerst umstritten. Hierbei können die Kosten der Grabpflege, welche üblicherweise für Zeiträume von 20 Jahren oder länger anfallen, eine durchaus beachtlichen Umfang erreichen. Mit seiner Entscheidung vom 26.05.2021 hat der Bundesgerichtshof festgestellt, dass die Kosten der Grabpflege keine Nachlassverbindlichkeiten im Sinne des § 1968 BGB sind und somit – grundsätzlich – keine abzugsfähige Verbindlichkeit gegenüber der Pflichtteilsberechtigten darstellen. Zutreffend stellte der Bundesgerichtshof fest, dass die Vorschrift des § 1968 BGB lediglich die eigentlichen Kosten der Beerdigung, also des Bestattungsaktes selbst, welcher seinen Abschluss mit der Errichtung einer zur Dauereinrichtung bestimmten und geeigneten Grabstätte findet, umfasst. Demgegenüber zählen Kosten der Instandhaltung und Pflege der Grabstätte nicht mehr zu den Kosten der Beerdigung. Vielmehr soll die Übernahme derartiger Kosten grundsätzlich allein einer sittlichen, also keiner rechtlichen, Verpflichtung der Erbin entspringen.

Nach Auffassung des Bundesgerichthofes steht einer derartigen Einordnung nicht entgegen, dass nach der Vorschrift des § 10 Abs. 5 Nr. 3 ErbStG in erbschaftsteuerlicher Hinsicht die Möglichkeit besteht, entstandene Grabpflegekosten abzusetzen. Zur Begründung wird darauf hingewiesen, dass eine steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit von Aufwendungen keine Aussage über die zivilrechtliche Verpflichtung der Erbin zur Kostentragung trifft. Zumal der Gesetzgeber die steuerrechtliche Regelung nicht zum Anlass genommen hat, die Vorschrift des § 1968 BGB zu ändern. Dem Bundesgerichtshof ist hier beizupflichten.

Demgegenüber sind die Kosten einer Grabpflege ausnahmsweise als Nachlassverbindlichkeit zu berücksichtigen, soweit die Erblasserin bereits zu Lebzeiten einen Grabpflegevertrag geschlossen hat, sodass die Erbin als Gesamtrechtsnachfolgerin auch für diese Verbindlichkeit unmittelbar haftet. Es handelt sich dann um eine Erblasserschuld, mithin um eine von der Erblasserin herrührende Schuld, im Sinne des § 1967 BGB, welche bereits zum Zeitpunkt des Todes in der Person der Erblasserin begründet war.

Soweit die Erblasserin zu Lebzeiten einen entsprechenden Grabpflegevertrag nicht geschlossen hat, ändert hingegen auch eine testamentarische Anordnung der Erblasserin, Teile ihres Vermögens seien (auch) für die Grabpflege zu verwenden, nichts daran, dass die Kosten nicht als der Pflichtteilsberechtigten entgegenzuhaltende Nachlassverbindlichkeit zu betrachten sind. Es handelt sich bei einer derartigen testamentarischen Anordnung um eine Auflage. Nach einstimmiger Ansicht sind Pflichtteilsansprüche jedoch gegenüber den Ansprüchen aus Auflagen (und auch Vermächtnissen) vorrangig, sodass eine Reduzierung des Pflichtteilsanspruch der Pflichtteilsberechtigten nicht erfolgt. Der Erblasser kann diesen Vorrang nicht durch testamentarische Anordnung unterlaufen und auf diese Weise die Höhe des Pflichtteilsanspruches der Pflichtteilsberechtigten reduzieren. Eine derartige Auflage stellt somit ein untaugliches Mittel der Reduzierung von Pflichtteilsansprüchen dar.

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