Einheitspatent und Einheitsgericht kommen zum 01. Juni 2023

Beitrag Recht zum Thema “Einheitspatent und Einheitsgericht kommen zum 01. Juni 2023” vom 01.03.2023

 


Einheitspatent und Einheitsgericht kommen zum 01. Juni 2023


Patente und andere gewerbliche Schutzrechte haben in vielen Ländern eine lange Tradition, die teilweise bis ins Mittelalter zurückreicht. Schutzrechte wurden damals vom Herrscher für sein Hoheitsgebiet verliehen. Wurde der Inhalt einer Schutzrechtsanmeldung geprüft, so führte auch dies lediglich zu einem Schutz für das jeweilige Land.

In den 1970er Jahren bündelten mehrere europäische Staaten die Kompetenz der Patenterteilung im gemeinsamen Europäischen Patentamt mit Sitz in München und Den Haag, um zusätzlich zur Möglichkeit der nationalen Patentprüfung und –erteilung auch ein Prüfungsverfahren zu ermöglichen, dessen Ergebnis für alle Mitgliedsstaaten des sog. Europäischen Patentübereinkommens Gültigkeit hat und zur gleichen Schutzwirkung wie ein nationales Patent führt. Mittlerweile hat die Erteilung eines europäischen Patents Wirkung für 34 Mitgliedsstaaten von Finnland bis Portugal und von Island bis zur Türkei. Auch die Schweiz, Norwegen und Großbritannien gehören hierzu. Weitere Staaten außerhalb Europas wie Marokko und Kambodscha akzeptieren als sog. Validierungsstaaten ebenfalls die Erteilung eines europäischen Patents für ihr Hoheitsgebiet.

Die Durchsetzung des Patentschutzes blieb bisher jedoch eine rein nationale Angelegenheit, d.h. auch bei einem Europäischen Patent musste der Patentinhaber eine Patentverletzung in Deutschland vor einem deutschen Gericht geltend machen, bei einer Patentverletzung in Frankreich vor ein französisches Gericht ziehen usw. Dies führt jedes Mal zu den entsprechenden Kosten des angerufenen Gerichts sowie für die Vertretung durch die jeweiligen nationalen Rechts- und Patentanwälte. Das Urteil wirkt nur für das jeweilige Hoheitsgebiet.

Um hier die Kosten zu senken und ggfs. auch die Verletzungsverfahren zu beschleunigen, wird – nach aktuellem Stand – am 01. Juni 2023 das „einheitliche Patentsystem“ bzw. das „europäische Patent mit einheitlicher Wirkung“, auch „Einheitspatent“ genannt, starten. Dann wird es für den Patentinhaber eines Einheitspatents möglich sein, bei Patentverletzung das „einheitliche Patentgericht“ anzurufen und dort in einem einzigen Verfahren die Patentverletzung für alle Mitgliedsstaaten des einheitlichen Patentsystems geltend zu machen. Dies sind derzeitig 17 europäische Staaten, zu denen auch Deutschland gehört. Die Prüfung und ggfs. Erteilung eines Einheitspatents erfolgt seitens des Europäischen Patentamts. Auch existierende europäische Patente können mittels des einheitlichen Patentgerichts geltend gemacht werden, wenn der Patentinhaber nachträglich in dieses System wechselt, was zeitlich begrenzt ab dem Inkrafttreten des einheitlichen Patentsystems möglich ist. Umgekehrt bleibt die bisherige Möglichkeit erhalten, bei Erteilung eines europäischen Patents nicht am einheitlichen Patentsystem teilzunehmen und den Patentschutz weiterhin national geltend zu.

In der Praxis wird sich zeigen, ob Patentinhaber tatsächlich bzw. in welchem Umfang von der Möglichkeit des Einheitspatents sowie des einheitlichen Patentgerichts Gebrauch machen. Schließlich muss sich das neue einheitliche Patentgericht erst noch beweisen. Auch können einzelne Länder zur Reduzierung der amtlichen Jahresgebühren bei einem Einheitspatent nicht mehr fallengelassen werden, wie es bei den nationalen Teilen eines europäischen Patents der Fall ist. Dies bleibt abzuwarten.

Sprechen Sie uns an oder schreiben Sie uns


Ihr Ansprechpartner:

Dr.-Ing. Christian Holz
Patentanwalt

Telefon: +49 511 569 59 72 – 0
E-Mail: ch.holz@hannover-ip.de

Bildhinweis: Dr.-Ing. Christian Holz