GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer im Fokus der DRV

Beitrag Recht zum Thema “GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer im Fokus der DRV – Trotz 50%-Anteil abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig?” vom 26.04.2024

 


GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer im Fokus der DRV – Trotz 50%-Anteil abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig?


Die Prüfung des sozialversicherungsrechtlichen Status von Gesellschafter-Geschäftsführern gehört zu den Standard-Aufgaben der Deutschen Rentenversicherung. Aktuell mehren sich jedoch die Anfragen von Mandanten und Steuerberatern in diesem Bereich. Ein Grund dafür liegt sicherlich im dem seit August 2022 online gegangenen Gemeinsamen Registerportal der Länder. Denn seit diesem Zeitpunkt kann Jedermann und damit besonders auch jeder Prüfer der Deutschen Rentenversicherung die wesentlichen Informationen zur Statusprüfung der Gesellschafter-Geschäftsführer mühelos aus dem elektronischen Handelsregister abrufen: Den Gesellschaftsvertrag und die Gesellschafter-Liste. Dabei werden die Prüfer nach wie vor in großem Umfang fündig, denn trotz der seit 2015 begonnenen und seit dem stetig fortgesetzten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das Thema bei vielen Unternehmen und auch Steuerberatern noch nicht ausreichend präsent. Dies kann aber schnell zur Beitragsfalle werden, denn entsprechen die Verhältnisses nicht der höchstrichterlicher Rechtsprechung, stellt die eine abhängige Beschäftigung fest und fordert wenigstens für die letzten 4 Jahre ganz erhebliche Sozialversicherungsbeiträge nach. Aktuell geht die DRV sogar dazu über, zusätzlich Säumniszuschläge zu erheben und begründet dies mit einem den Unternehmen zurechenbaren Fehlverhalten der Steuerberater, wenn diese als Lohnabrechnungsstelle tätig werden und trotz der mittlerweile als bekannt vorausgesetzten Problematik keine Verbeitragung erfolgt ist. Der Ton wird somit zunehmend schärfer und es ist nur eine Frage der Zeit, bis aus dem beitragsrechtlichen auch ein strafrechtlicher Vorwurf wird, verbunden mit sämtlichen Risiken und Nebenwirkungen, die ein solches Verfahren mit sich bringt. Hinzu kommt die Brisanz, dass infolge einer aktuellen Entscheidung des Bundessozialgerichts auch Gesellschafter-Geschäftsführer mit einem 50%-tigen Geschäftsanteil alarmiert sein sollten und ihren Status klären sollten.

Geschäftsführer ohne Beteiligung am Kapital der Gesellschaft (sog. Fremdgeschäftsführer) sind bis auf wenige Ausnahmen nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sozialversicherungspflichtig abhängig beschäftig. Dieser Status kann sich ändern, wenn der Geschäftsführer auch am Kapital der Gesellschaft beteiligt. Mehrheitsgesellschafter sind ohne Weiteres selbständig tätig. Im Bereich der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer hat sich aber in den vergangenen Jahren eine umfangreiche Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entwickelt, die es seitdem zu beachten gilt:

Wandte das BSG bis 2015 noch die sog. „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung auf die zu prüfenden Sachverhalte an und bezog besonders in Familien-Gesellschaften auch den Umstand ein, ob der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer rein faktisch maßgeblichen Einfluss auf die Entscheidungen der Gesellschaft hatte, kommt es seit 2015 darauf nicht mehr an. Vielmehr muss der Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer nunmehr allein aus den Regelungen des Gesellschaftsvertrags heraus dazu in der Lage sein, auf alle Unternehmensentscheidungen Einfluss nehmen und ihm nicht genehme Weisungen verhindern zu können (sog. echte Sperrminorität). Dies ist z.B. nur dann möglich, wenn die Entscheidungen der Gesellschafter-Versammlung einstimmig oder mit einer solchen Mehrheit getroffen werden, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer ein jederzeitiges Vetorecht einräumt. Sämtlichen außerhalb des Gesellschaftsvertrags erfolgten zivilrechtlichen Absprachen (z.B. Stimmbindungsvereinbarungen etc.) hat das BSG eine Absage erteilt.
Aufhorchen ließ dann eine Entscheidung des BSG vom 1. Februar 2022, worin das BSG über einen nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung grundsätzlich unproblematischen Fall eines Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführers ohne echte Sperrminorität (49%-Anteil) zu entscheiden hatte und dessen abhängige Beschäftigung bestätigte. Im Rahmen eines Nebensatzes (sog. obiter dictum) führte das BSG dann aber zusätzlich aus:

„Ob selbst eine umfassende Sperrminorität zur Annahme von Selbständigkeit noch ausreichen würde oder ob für eine „echte“ umfassende Sperrminorität zusätzlich zu fordern ist, dass dem Geschäftsführer gerade dadurch auch umfassende Handlungsmöglichkeiten vermittelt werden, kann der Senat offenlassen. Denn der Kläger verfügt bereits formal nicht über eine umfassende Sperrminorität.“

Begleitet wurde dies von einer Mitteilung des Präsidenten des Bundessozialgerichts, der nunmehr eine Abkehr von bisherigen Bewertungssystem erkennen wollte.

Zwar hat das BSG in Folgeentscheidungen seit 2022 diesen Hinweis nicht noch einmal erteilt und auch die DRV bewertet zumindest aktuell Fälle einer 50%-Beteiligung noch als sozialversicherungsfrei. Rechtssicherheit auch mit Blick auf eine sich ggf. doch künftig ändernde Rechtsprechung können die Unternehmen aber nur dann erreichen, wenn der sozialversicherungsrechtliche Status durch einen Bescheid ausdrücklich geregelt ist. Und genau an diesem Punkt wehren sich die Prüfungsdienste aktuell „mit Händen und Füßen“. Stellen sie eine 50%-Beteiligung fest, ergeht lediglich eine sog. Prüfmitteilung, wonach es keine Feststellungen oder Nachforderungen geben soll. Eine solche Prüfmitteilung ist nach der Rechtsprechung des BSG aber kein Verwaltungsakt, aus dem die Betroffenen einen Vertrauensschutz herleiten können. Sollte sich somit zukünftig die Rechtsprechung des BSG ändern, kann die Deutsche Rentenversicherung innerhalb der Verjährungsfristen auch in die Jahre zurückgehen, die von dieser formlosen Prüfmitteilung umfasst waren. Dann droht beitragsrechtlich ein böses Erwachen für alle Beteiligten. Häufig hilft den Betroffenen dann nur die Erhebung einer Klage, um die DRV zu einem positiv feststellenden Bescheid zu verpflichten.

Die Statusfrage der eigenen Gesellschafter sollte daher mittlerweile auf jeder To-Do-Liste eines Unternehmens stehen und besonders Gesellschafter-Geschäftsführer mit aktuell noch als sozialversicherungsfrei geltendem Anteil von 50% sollten ihren Status rechtssicher feststellen lassen.

Dr. Mario Bergmann
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