Update zum Hinweisgeberschutzgesetz

Beitrag Recht zum Thema “Update zum Hinweisgeberschutzgesetz” vom 07.09.2023

 


Update zum Hinweisgeberschutzgesetz


Anfang des Jahres berichteten wir über die Zielsetzung und das zeitnah erwartete Inkrafttreten des deutschen Umsetzungsgesetzes zur Europäischen Whistleblowing Richtlinie (EU) 2019/1937 (https://www.p-h-r.de/2023/02/01/hinweisgeberschutzgesetz/). Entgegen unserer damaligen Prognose vergingen weitere fünf Monate, bis das neue Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG) in Kraft trat. Nicht nur die im Februar 2023 vom Bundesrat verweigerte Zustimmung, sondern auch die in der Folge von der Regierungskoalition vorgenommene Aufteilung des Gesetzes in zwei unterschiedliche Entwürfe verzögerten abermals das Inkrafttreten. Nachdem im April 2023 der Vermittlungsausschuss einberufen wurde, erzielte dieser am 10. Mai 2023 einen zustimmungsfähigen Kompromiss, in dessen Folge der Bundestag (am 11. Mai 2023) und der Bundesrat (am 12. Mai 2023) dem Gesetz zustimmten.

Das Hinweisgeberschutzgesetz ist nun – ohne eine längere Übergangsphase – seit dem 2. Juli 2023 in Kraft. Mittlerweile haben auch fast alle anderen europäischen Mitgliedsstaaten die Whistleblowing Richtlinie umgesetzt, lediglich in Polen und Estland liegen aktuell erst die Entwürfe der Gesetze vor (Stand: 23. August 2023).

Änderungen durch den Vermittlungsausschuss

Das im Vorfeld bzw. im Gesetzgebungsverfahren von der Opposition vorgebrachte Argument der „Überforderung der Unternehmen“ mit einer Beschäftigtenanzahl zwischen 50 und 249 wurde durch einige Überarbeitungen des Gesetzesentwurfs von Seiten der Regierungsparteien entkräftet. So wurde beispielsweise die Pflicht für Unternehmen zur Ermöglichung anonymer Meldungen aus dem Entwurf entfernt. Auch das vorgesehene Bußgeld bei Fällen der vorsätzlichen Behinderung einer Meldung oder wenn die Vertraulichkeit des Hinweisgebers nicht gewahrt wird, wurde von EUR 100.000,00 auf EUR 50.000,00 herabgesetzt. Ferner wurde der zuvor vorgesehene Schmerzensgeldanspruch des Hinweisgebers gestrichen, der ihm im Falle von erfahrenen Repressalien zugebilligt worden war. Materielle Schäden, die der Hinweisgeber aufgrund derartiger benachteiligender Maßnahmen erleidet, müssen hingegen ersetzt werden.

Zudem wurde der Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes im Vergleich zum vorherigen Entwurf (dort waren es noch drei Monate) auf nur einen Monat nach Verkündung vorverlegt.

Unternehmen ab einer Mitarbeiteranzahl von 250 mussten daher bereits ab dem 2. Juli 2023 die Anforderungen des HinSchG erfüllen. Da dies jedoch vielerorts nicht rechtzeitig möglich war, sieht das Gesetz vor, dass Bußgelder wegen der nicht rechtzeitigen Einrichtung von internen Meldestellen erst ab dem 1. Dezember 2023 verhängt werden können (§ 42 Abs. 2 HinSchG).

Das Wichtigste erneut in Kürze:

  • Wozu dient das HinSchG?
    • Umfassender Schutz des Hinweisgebers, der im Zusammenhang mit seiner beruflichen Tätigkeit Informationen über Verstöße erlangt, die in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, und entsprechende Hinweise gegenüber den Meldestellen abgibt oder offenlegt.
  • Für wen gilt das HinSchG?
    • Unternehmen ab 250 Mitarbeitern (Umsetzungsfrist 2. Juli 2023);
    • Unternehmen ab 50 Mitarbeitern (Umsetzungsfrist 17. Dezember 2023).
  • Was haben diese Unternehmen zu veranlassen?
    • Einrichtung einer internen Meldestelle, an die sich Hinweisgeber wenden können, wenn sie Verstöße melden wollen, die von ihnen in ihrem beruflichen Kontext beobachtet wurden oder von denen sie dabei Kenntnis erlangten.
  • Welche Aufgaben hat die interne Meldestelle?
    • Bestätigung des Eingangs der Meldung nach spätestens sieben Tagen an den Hinweisgeber und nach weiteren drei Monaten eine Rückmeldung zu bereits getroffenen und geplanten Folgemaßnahmen;
    • Prüfung der eingehenden Hinweise;
    • Kontakthalten zum Hinweisgeber, ggf. Anforderung weiterer Informationen;
    • Veranlassung von Folgemaßnahmen.
  • Müssen anonyme Hinweise ermöglicht werden?
    • Nein! Die Unternehmen sollen jedoch auch anonym abgegebene Hinweise bearbeiten.
  • Müssen Fristen beachtet werden?
    • Hinweisgeber: nein;
    • Unternehmen: ja (s.o. bei Aufgaben der Meldestelle).
  • Gibt es Erleichterungen für die mittelgroßen Unternehmen?
    • Ja, Unternehmen mit in der Regel 50-249 Beschäftigten können eine gemeinsame Meldestelle einrichten.

Chancen für Unternehmen

Bei allen Anstrengungen und organisatorischen Maßnahmen, die mit der Umsetzung des HinSchG in den Unternehmen verbunden sind, ergeben sich daraus aber auch Chancen:

Denn es liegt im ureigenen Interesse jedes Unternehmens, Verstöße gegen Gesetze oder interne Verhaltensgrundsätze, die im Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit stehen, zunächst intern untersuchen und ihnen nachgehen zu können.

Darüber hinaus kann die gesetzlich vorgesehene Gleichwertigkeit von internen und externen Meldestellen (z.B. gegenüber der eigens hierfür beim Bundesamt für Justiz eingerichteten externen Meldestelle) für die Unternehmen als Ansporn dienen, für die Nutzung der internen Meldestelle bei ihrer Belegschaft zu werben, damit diese vorrangig genutzt wird. Hierdurch kann verhindert werden, dass Informationen über mögliche Verstöße oder entsprechende Verdachtsfälle nach außen gelangen oder offengelegt werden.

Fazit

Mit dem HinSchG sind zwar in erster Linie Pflichten für die betroffenen Unternehmen verbunden. Dennoch sollte das Gesetz zum Anlass genommen werden, die unternehmensinterne Compliance zu verbessern und Strukturen zu schaffen, die eine schnelle und effektive Bearbeitung eingehender Hinweise ermöglicht. Dies schafft zudem Vertrauen unter den Mitarbeitenden sowie bei Geschäftspartnern.

Auch Unternehmen mit einer Beschäftigtenanzahl zwischen 50 und 249 sollten nun handeln, da bis zum 17. Dezember 2023 nicht mehr viel Zeit verbleibt. Insbesondere die Möglichkeit, sich mit anderen Unternehmen zusammenzuschließen (§ 14 Abs. 2 HinSchG), sollte hierbei nicht außer Acht gelassen werden, da sich insofern Ressourcen und Kosten sparen lassen.

Für weitere Informationen zum Hinweisgeberschutz und zur Einrichtung eines Whistleblowing Systems stehen wir gerne zur Verfügung. Näheres hierzu finden Sie auch unter https://de.schindhelm.com/news-jusful/schindhelm-whistleblowing-solution.

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Ihre Ansprechpartnerin:

Sarah Schlösser
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Gewerblichen Rechtsschutz

Telefon: +49 511 53460 236
E-Mail: sarah.schloesser@schindhelm.com
Betreff: Whistleblowing / Hinweisgeberschutz